Mittwoch, April 29, 2009

Schadenersatz nach Berufsverbot für Lehrer

Michael C., Lehrer aus Heidelberg, der als Lehramtsbewerber als linksextrem eingestuft, vom Verfassungsschutz observiert, und verspätet eingestellt worden war, bekommt vom Land Baden-Württemberg Schadenersatz. Das Karlsruher Landgericht sprach ihm am Dienstag knapp 33.000 Euro als Verdienstausfall zu.

Der Realschullehrer aus Heidelberg ist ein bekennender Linker, aber offenbar auch ein guter Lehrer. Das Staatsexamen absolvierte er jedenfalls mit der Note 1,8, Schüler und Lehrerkollegen lobten ihn, an seiner fachlichen Eignung meldete nie jemand Zweifel an.

Brisant: Eben dieser Lehrer unterrichtete [d-pa] für ein Jahr in Geschichte sowie Gemeinschaftskunde. Und, wie ich sagen muss, ganz gut - ohne jegliche Manipulationsversuche dem Schüler gegenüber.


Zur Begründung hieß es, dem Lehrer stehe Schadensersatz zu, da ihm die Einstellung "zunächst rechtswidrig versagt wurde" (AZ: 2 O 362/08). Der Mann, der derzeit an einer Realschule in Eberbach (Rhein-Neckar-Kreis) in Deutsch, Geschichte und Kunst unterrichtet, hatte 110.000 Euro gefordert.

Der heute 38-jährige Lehrer war in der "Antifaschistischen Initiative Heidelberg" engagiert, die der Verfassungsschutz als linksextrem einstuft. Er hatte sich zum Februar 2004 für den Schuldienst beworben, war aber zunächst wegen Bedenken bezüglich seiner Verfassungstreue nicht eingestellt worden. Es handelte sich um das bundesweit einzige Berufsverbot für einen Lehrer.


Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte den ablehnenden Bescheid der Schulbehörde jedoch in zweiter Instanz aufgehoben. Beim Verwaltungsgericht Karlsruhe war die Klage des Lehrers zuvor erfolglos geblieben. "Ich war ein Testballon", sagte der Lehrer nach dem aktuellen Urteil: "Das Land wollte sehen, wie weit es in derartigen Fällen gehen kann."

Das Landgericht Karlsruhe kürzte dem Kläger nun den geforderten entschädigungspflichtigen Zeitraum. "Auch bei rechtmäßigem Vorgehen" wäre eine Einstellung als Lehrer erst zum September 2004 erfolgt, hieß es. Das Landgericht ging außerdem davon aus, dass der Mann keine Vollzeitstelle angetreten hätte. Er sei seit seiner Einstellung zum Schuljahresbeginn 2007 auch nur teilzeitbeschäftigt und arbeite daneben an einer Dissertation. Außerdem seien ihm sonstige Einkünfte angerechnet worden.


Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nennt die Entscheidung des Gerichts eine "schallende Ohrfeige" für die Landesregierung: Das Urteil sei Politikunterricht für Ministerpräsident Günther Oettinger und Kultusminister Helmut Rau (beide CDU), sagte die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz. Das Kultusministerium hielt sich mit einer Reaktion zurück. Es werde nach sorgfältiger Prüfung des Urteils entschieden, ob Rechtsmittel eingelegt würden, sagte ein Sprecher.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
© [d-pa] 2006-2013