Freitag, Februar 15, 2013

Elterngespräch

Heute vor einer Woche war Elternsprechtag. Hier an der Schule läuft das so, dass man als Lehrer eine verpflichtende Anwesenheitszeit von 15 bis 18 Uhr hat. Wenn keiner kommt: Pech gehabt.
Einige wenige Eltern hatten sich bei mir vorangemeldet, einige kamen spontan vorbei - "um mal 'Hallo' zu sagen". Ein Vater jedoch wollte mir ein Angebot machen, dass ich nicht ablehnen können sollte.
Aber von vorn.
In der Woche zuvor fand ich in meinem Fach eine Notiz mit der Information "Telefonat: Elternbeschwerde. Rücksprache + schriftliche Stellungnahme". Die Rückfrage beim Rektor ergab, dass ein der Schule bereits wohlbekannter Vater sich wutentbrannt darüber echauffiert habe, dass sein Sohnemann bei mir eine 5 im Halbjahreszeugnis kassiert hatte - obwohl er eine 4 in der Klassenarbeit schrieb (Anmerkung: Halbjahresnoten in Hessen lassen keine Möglichkeit von Zwischennoten (z.B. 4- oder 4/5) zu.).
Der Rektor schlug dem Vater vor, das Gespräch mit mir zu suchen (was in der Regel der erste Weg sein sollte). Während der Vater zunächst angab, dass der Elternsprechtag vom zeitlichen Umfang her dafür nicht ausreichen würde, überreichte mir sein Sohn in der nächsten Stunde dann doch ein Briefchen, in dem der Vater um einen Termin bat.

Zum vereinbarten Termin um 15:40 Uhr erschien der Vater um 15:55 in Anzug samt Krawatte. Er bat um Erläuterung der Note. Diese führte ich gemäß der Auflistung der Einzelnoten durch und wies anschließend auf den erzielten Gesamtschnitt von 4,55 hin, der gemäß mathematischer Regeln die Note „mangelhaft“ ergibt. Der Vater gab an, irritiert zu sein, insbesondere da in der Auflistung von einem Test mit der Note „ungenügend“ die Rede sei, den er nie gesehen habe und der ihm bis dato unbekannt war. Daher bat er mich darum, Auskunft über den Verbleib des Tests zu geben und Einsicht zu erhalten. Dies war mir natürlich nicht möglich, da der Test wie üblich nach der Korrektur an den Schüler zur Weiterreichung an sowie Kenntnisnahme für die Eltern ausgehändigt wurde. Der Vater ergänzte, wohlweislich ohne bislang von diesem Test Kenntnis besessen zu haben, dass sein Sohn sich in keiner Weise daran erinnern könne, einen Test geschrieben zu haben und er deshalb diese Note anzweifle.
Darüber hinaus regte er sich gemäß seines cholerischen Naturells über die Ausfertigung des Förderplans auf (zu dem ich ab Note 4 verpflichtet bin), der u.a. dazu aufforderte, für eine sorgsamere Heftführung zu sorgen. Dies ergab sich aus den gewonnen Eindrücken während des Unterrichts. Da der Vater das Schulheft seines Sohnes mitgebracht hatte, konnte ich direkt Einsicht nehmen um die Angelegenheit zu prüfen. Das Heft war abgesehen eines verbesserungswürdigen Schriftbilds in annehmbaren Zustand. Es zeigte sich aber, dass der Schüler wohl in seiner Freizeit zusätzliche Inhalte in sein Heft übernimmt, die im Unterricht weder gesichert noch besprochen wurden – dies ist somit besonders positiv hervorzuheben.

Um zu einem Konsens bezüglich der Notenbildung zu kommen, unterbreitete mir der Vater letztlich ein „Angebot“: Ich solle die Note zurücknehmen und Benedikt eine 4 im Zeugnis geben, dafür würde er davon absehen, sich abermals bei der Schulleitung und darüber hinaus beim Schulamt zu beschweren. Auch auf die Inanspruchnahme eines Rechtsbeistands zur gerichtlichen Durchsetzung wolle er verzichten.
Na wunderbar! Genau darauf wurde ich ja im Referendariat nicht vorbereitet. Folglich blieben mir Verstand, Ehrgefühl und eine Verpflichtung gegenüber den Schülern, die tatsächlich Leistung erbrachten, um die Situation zu beurteilen. Deswegen teilte ich dem Vater mit, dass es ihm jederzeit gänzlich frei stünde, auf die von ihm vorgetragenen Mittel zurückzugreifen, ein Leistungsschnitt von 4,55 jedoch die Note 5 ergebe und diese deshalb auch Bestand haben werde.

Das hatte den Vater seinem Blick nach etwas überrascht. Daher schob ich noch etwas Positives hinterher, nämlich dass es sich um ein Halbjahreszeugnis handle und dem Schüler noch genügend Zeit zur Verbesserung seiner Note bleibt, zumal er sich im Unterricht in den vergangenen zwei Stunden wesentlich aufmerksamer zeigte und durch Melden sogar -einmal- proaktiv mitarbeitete.
Irgendwie konnte ich damit beschwichtigen und der Vater lenkte unter der Voraussetzung ein, regelmäßig per Mail über den Leistungsstand seines Sohnes informiert zu werden. Unbezahlte Mehrarbeit. Gerne.

Ungeheuer motivationssteigernd ist das natürlich auch: Die Arbeit wird nicht gewürdigt und wenn man der Leistung angemessene Noten vergibt, lebt man mit dem Risiko verklagt zu werden. Andere Kollegen machen es sich da einfacher und geben "gute Noten um Ruhe zu haben". Ein Hoch aufs Bildungssystem!

Donnerstag, Februar 07, 2013

Raffinierte Stunde

Heute war mein ein etwas anderer Arbeitstag. Angefangen damit, dass ich mit dem neuen Auto den Schulweg antreten musste. Aber das ist an scih gar nicht so spektakulär.
Vielmehr waren es die ersten beiden Unterrichtsstunden. Da hatte ich eine Doppelstunde Englisch in der Oberstufe. Schon am Montag hatten mich die Schüler darüber in Kenntnis gesetzt, dass am Mittwoch "Hexenrummel" sei und am Donnerstag nicht mit sonderlich viel Leistung zu rechnen sei. Viel mehr würden sie kostümiert und alkoholisiert auftauchen. Weil das schulintern bekannt ist, wird ab der 3. Stunde ein Oberstufenturnier im Volleyball durchgeführt. Es gebührt den Gesetzen der Logik, dass ich unter diesen Voraussetzungen angehalten wurde, die ersten beiden Stunden abzuhalten, denn ausfallen durften sie nicht. So kramte ich im Archiv und zeigte einen Film.

Und siehe da, als ich zum Klassenraum kam, standen da wirklich verkleidete junge Menschen: Cowboys und -girls, Urmel, ein Panzerknacker und andere Verkleidungen, die ich jedoch nicht erkannte. Ein Schüler begrüßte mich wild fuchtelnd mit seiner Zahnbürste im Mund. Zahnhygiene muss eben sein. Besagter Schüler war es dann auch, der die Filmvorführung ein wenig beeinträchtigte. Sowohl olfaktorisch durch seine nicht unerhebliche Fahne, sondern auch auditiv durch ständiges Schwätzen. Kurzum: Man hat vom Film nicht viel mitbekommen, da er ständig am Reden war und dabei den Film samt Ausgang erzählte sowie Filmszenen kommentierte. Will Smith sei zudem raffiniert und man solle nur einmal schauen, wie schief er die Kappe trüge. So nahm das alles seinen Lauf und während der Schüler innerhalb der Stunde insgesamt 4x seinen Geldbeutel fand 2x darüber verwundert war, dass er eine Zahnbürste dabei hatte, torkelte er ab und an mal nach draußen, weil er auf die Toilette müsse. Nach etwa 5 Sekunden kam er dann wieder rein, da er "doch nicht pissen" müsse. Aus Gründen der Bequemlichkeit zog er auch die Schuhe aus, um ca. 2 Minuten später entsetzt festzustellen, dass er gar keine Schuhe mehr anhabe und sie wohl in der Nacht verloren haben müsse. Er betrachtete im Verlauf der Stunde sogar den Boden etwas genauer und lag mehr oder weniger "zusammengeklappt" auf seinen Beinen. Ich überlegte, ob hier vielleicht nicht medizinisch eingegriffen werden müsste, aber solange der Knabe noch wie ein Wasserfall plapperte, konnte es nicht so schlimm sein. Schlimmer wäre eher, wenn man ihn zum Ausnüchtern nach Hause schickte und er eigenständig den Heimweg antitt.
 Kurz darauf lag er sich auf dem Rücken und ließ die Welt wissen, dass er ja ein ziemlich lustiger Geselle sei, aber beim Ficken keinen Spaß verstünde. Als sei das des Fremdschams noch nicht genug, durfte ich ebenfalls an der Info "Oh, ich glaub' ich hab' mir eben in die Hose gekackt!" teilhaben.

Weil irgendwann auch ich als "raffiniert" galt, schenkte mir der Schüler irgendein Bild von sich mit mir unbekannten Freunden. Und da er beim späteren Turnier als Schiedsrichter fungieren musste, entledigte er sich im Klassenzimmer seines Panzerknackerkostüms und verwandelte sich in einen Arzt. Danke Gott, dass du mir ermöglicht hast, diesen Schüler bis auf die Boxershort bekleidet sehen zu können. Dennoch zog ich es wie die anderen Schüler vor, den Blick leicht angewiedert abzuwenden.
Zur zweiten Stunde gesellte sich eine weitere Schülerin leicht verspätet hinzu, wieder 5 Minuten später kam ein weiteres Mädel rein, das sehr bunt geschminkt war. Erst dachte ich, die Dame habe sich in der Tür geirrt, dann erkannte ich unter all der Schminke jedoch einen meiner Schüler - als Transe verkleidet. 10 Minuten vor Unterrichtsschluss kam sogar noch ein weiterer meiner Schüler vorbei - als Panzerknacker.
Da auch die schönste Sache der Welt erfreulicherweise irgendwann ihr Ende nimmt, klingelte es pünktlich um 9:15 und ich durfte mich in die erste große Pause sowie anschließend in eine 7. Klasse begeben. Inmitten des Pausenhofes hörte ich vom Lehrerzimmer aus noch mehrfach einen Schüler schreien, dass ein Lehrer, dessen nahmen identisch mit meinem war, total raffiniert sei. Na der wird sich freuen!

Mittwoch, Februar 06, 2013

Aus blau mach braun

Heute war ich mal wieder in der Werkstatt. Diesmal um meinen Wagen für die Reparatur abzugeben ([d-pa] berichtete). Das soll vermutlich 2 Tage dauern und daher habe ich jetzt einen Leihwagen für diese Zeit bekommen: Einen Opel Astra 1.4, Kombi, 140 PS, mahagonyfarben.
Der für die Leihe zuständige Mitarbeiter war zwar sehr nett, hatte aber vom Auto überhaupt keine Ahnung und konnte daher gar nichts über die Ausstattung des Wagens sagen. Seine Antwort war: "Das werden Sie selbst herausfinden!" Ah ja. ;-) Da sollten sie zumindest im PC mal eine Liste zu jedem Wagen anlegen. Jetzt muss ich mal  noch schauen, was der so alles hat. Nicht dass ich mich auf die Einparkhilfe hinten verlasse, und dann dem Hintermann aufs Auto fahre.
Da der Mitarbeiter mich letztlich nur zum Wagen begleitete, die Papiere prüfte und dann wieder abmarschierte, war ich vorerst also selbst im Auto dafür zuständig, die Funktionen zu suchen. Nun bin ich ja vor Kurzem umgezogen und kenne mich hier in der Gegend noch nicht so super gut aus ("die Abfahrt, oder doch die nächste?") - aber Gott sei Dank habe ich ja in meinem Auto ein eingebautes Navigationssystem! Allerdings konnte ich den Knopf dafür im Opel nicht finden. Bald fand ich auch heraus, wieso das so war: Es gab nämlich keins. Das ist schlimm, vor allem wenn man sich, so wie ich, immer schön auf das Teil verlassen hat und sich so nur bedingt die Strecke gemerkt hat (ich achte auf sowas nicht sonderlich). Also ging es im "Blindflug" nach Hause, aber ich habe es tatsächlich auf direktem Weg geschaft - trotz einmaligen Zögerns. Jetzt hoffe ich nur, dass ich den Weg zurück zur Werkstatt wieder finde - denn nach Aschaffenburg hineinzufahren ist durchaus komplizierter. Aber ich werde es schon irgendwie schaffen. Früher oder später.

Sonntag, Februar 03, 2013

Die Jugend von heute...

Diese Woche hatte ich zwei "Rohrreiniger" da weil mein Abfluss in der Küche verstopft war. Mit dem Lehrling, der mit seinem Chef auftauchte, "ging gar nichts".

Sein "Chef" hat ihn erst mal alles freiräumen lassen, dann musste er sich auf den Boden knien und am Siphon herumhantieren. Er hatte die eine Hälfte abmontiert, aber das Wasser floss trotzdem nicht. Dann sollte er die andere Verschraubung lösen, aber das ging dann schon nicht mehr. "Ey, ich hab das schon alles weg!". Der Chef wurde dann etwas ungeduldig: "Bist du blind oder was? Da links! Lass da bloß die Finger weg! Da links!"
Letztlich musste der Chef selbst ran - und während der Lehrling auf den Fliesen knien musste, nahm sich der Chef das wohl ausschließlich für Ihn vorgesehene Malervlies zum Draufknien.

Am Ende haben sie die Verstopfung lösen können und da fragte mich der Lehrling, ob das Wasser vorher schon geflossen sei. Ich dann: "Ne, das war verstopft, deswegen sind Sie ja da." Der Lehrling korrigierte: "Hat das vorher schon so lange gedauert mit dem Abfließen?" Meine Wenigkeit: "Öhm…". Er: "Okay, wissen Sie nicht mehr so genau.". Ich: "Nein, ich verstehe die Frage nicht." Darauf der Chef: "Mein Gott Junge, der ist Lehrer - da kannst du doch nicht so eine bescheuerte Frage stellen. Nicht mal ich weiß was du willst!" Als besonderen Bonus hat mir der Lehrling dann noch den Abfluss gepömpelt, während der Chef die Rechnung schrieb. Nachdem der Chef schon fertig, der Lehrling aber noch immer wild am Pömpeln war, fragte Ersterer, was er denn da mache. "Na Pömpeln!" "Das ist doch kein Pömpeln? Da musst du doch den Überlauf abdichten!"

Kurzum: Die Jugend von heute...
 
© [d-pa] 2006-2013