Samstag, Februar 04, 2012

Zoll. Oder: Schein vs. Sein

Am Donnerstag war ich beim Zoll.

Weniger tat ich das aus freien Stücken, viel eher lag es daran, dass ich von der Post darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass eine an mich adressierte Sendung beim Zoll zur Abholung hinterlegt wurde und eine Selbstverzollung vorzunehmen sei.
Den im Schreiben genannten Absender kannte ich nicht - und nach einer Internetrecherche entpuppte er sich als eine Spedition in Emigsville, Pennsylvania. Ein klärender Anruf gab mir dann immerhin grob den Hinweis, worum es wohl ginge: Unterrichtsmaterialen einer Menschenrechtsorganisation. So druckte ich die erforderlichen Sachen auf und machte mich auf zum Hauptzollamt. Das ist Gott sei Dank nur eine Ortschaft weiter, wenngleich ohne Auto etwas beschwerlicher zu erreichen - zumindest wenn man bei der Eiseskälte durchs Industriegebiet laufen muss. Und der Zoll war letztlich auch nirgendwo zu sehen. Aber die Nachfrage in einer Firma brachte Gewissheit: Der Zoll ist (natürlich!) auf dem Gelände sowie im Gebäude einer Spedition. Also ging es dort hin und, Tatsache, auf der Rückseite des Gebäudes war der Eingang. Im ersten Stock, nach der Treppe gleich rechts war, auch schon die Zollabteilung, was voller Stolz die güldene Tafel verkündete. Etwas störend fand ich, was da so in der Tür hing: Girlanden und Luftballons.


Als ob die ernste Sache hier eine Karnevalveranstaltung sei. Doch weit gefehlt: Nachdem ich bei Frau Kneiss, die erfreulicherweise recht ansprechend aussah, vorstellig wurde, kam ihre etwas fäßliche Kollegin dazu. Die spielte wohl den ernsten Teil der Veranstaltung. Und so wurde mit eisigem Blick knallhart nachgefragt:
Zoll: "Wie hoch ist der Wert der Sendung?"
[d-pa]: "Nichts, ist kostenlos."
Zoll: "Was befindet sich im Paket?"
[d-pa]: "Unterrichtsmaterialien."
Zoll: "Bitte öffnen Sie das Paket."
[d-pa]: "Okay."
Zoll: "Wie oft bestellen Sie das?"
[d-pa]: "Jetzt habe ich es ja...da brauche ich es nicht noch einmal."
Zoll: "Wofür ist das nochmals?"
[d-pa]: "Unterrichtsmaterialien. Für den Unterricht."
Zoll: "Ich muss noch Ihre Unterlagen prüfen."

Schlauerweise habe ich den Text der Internetseite gleich auf Deutsch ausgedruckt - nicht dass es da noch Probleme geben würde. Und nachdem die Dame den Text mehrfach durchgelesen hatte, kam der erlösende Satz:

Zoll: "Ich bekomme hier eine Unterschrift, dann können Sie die Sendung mitnehmen".

Damit konnte ich meine Sendung, untergebracht in einem transparenten Beutel von US Postal, in der Kälte wieder nach Hause tragen.



Dort angekommen, freute ich mich ob der Mühen um so mehr: Denn ich sah, dass die Sendung nach "East Germany" adressiert war. Freundlicherweise haben die Genossen das Paket gen Westen weitergeleitet.

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