Am Samstag sollte ja der Techniker von der British Telecom kommen – was er aber leider nicht tat. Irgendwann gegen 14 Uhr entschied ich mich dann, das Warten aufzugeben und bin nach Richmond gefahren, denn, obwohl ich ab und an in der Bahnstation umsteige, habe ich vom London Borough of Richmond selbst noch nichts gesehen. Gelandet bin ich in der Einkaufsstraße, die auf den ersten Blick ganz nett, auf den zweiten jedoch etwas „kurz“ ist. Um ein wenig am Text zu kürzen: Gekauft habe ich nichts, es war aber trotzdem ein netter Tag im toleranten London. Wären da nicht die Tauben – Anna hasst übrigens Tauben. Ich irgendwie auch – denn beim Erstellen dieses Fotos
wurde ich hinterrücks von einer Taube angegriffen, indem sie von einer Hausfassade herab auf mich endverdaute. Beziehungsweise auf meine Jacke. Und alles nur, weil ich Deutscher bin. Scheiß Rassisten!
Viel gesehen hat man nicht, ich war mir nicht einmal sicher, ob es tatsächlich die Taube oder vielleicht nicht doch ein Wassertropen von der Regenrinne war. Daher ließ ich mir die Freude nicht verderben, schlenderte weiter und tauchte in der dahinfließenden Menschenmasse unter. Doch auch damit war irgendwann Schluss und ich entschied mich auf den Rückweg zu machen. Zu Hause angekommen offenbarte sich das ganze Ausmaß des Angriffs. Doch ich möchte mich nicht im Detail verlieren. Jacke ist wieder sauber.
Am Sonntag wurde ich von Marc gefragt, ob ich nicht mit Mara und ihm nach London fahren wolle – zum Camden Market in Camden Town. Natürlich wollte ich. So stand ich dann gegen 11 Uhr inmitten des lebhaften Marktes, auf dem teilweise sehr obskure Dinge angeboten wurden. Als ein Mensch weniger obskurer Art wurde ich somit auch hier nicht fündig, wenngleich ich eigentlich auch gar nichts gesucht habe. Ich bin ja ohnehin eher so ein „Zufallskäufer“, der beim Vorbeischlendern in irgendeiner Ecke etwas entdeckt, dass die ganze Zeit geradezu auf mich zu warten schien. Klappt wunderbar, nur auf der zwischenmenschlichen Ebene muss ich das wohl noch etwas üben… Aber … zurück zum Markt, denn der wollte gar nicht mehr aufhören: Treppen nach unten, Treppen nach oben, in jeder Nische ein kleines Ständchen, in denen so gut wie alles feilgeboten wurde. Zum Beispiel Chinesen. Die verkauften Nudeln – ein kleines Aluminiumförmchen von vielleicht 7x15cm, worin sie wenig Nudeln gegen viel Pfund ausgaben. Vier Pfund für eine Portion, das ist mir selbst trotz des Wertverfalls des Pfund Sterlings noch unverschämt teuer. Kapitalismus pur. Selbst bei den Chinesen scheint er sich schon durchzusetzen! Da habe ich mir lieber bei Costa Coffee eine Hot Standard Chocolate mit geraspelten Schokosplittern, Karamell- und Vanillearoma gegönnt. Ohnehin kann ich ja endlich wieder konsumieren. Es sieht so aus, als würde ich mit einem ordentlichen Plus auf dem Konto den Monat beenden können. Und ich habe herausgefunden, dass sich das Geld einfacher ausgeben lässt, wenn man den Preis nicht mehr in Euro umrechnet. Wobei Pfund und Euro ja derzeit fast auf gleichem Niveau sind. Da „freut“ man sich, wenn man Ende Mai die Pfund in Euro tauschen will, denn nach derzeitigem Stand, vergleicht man den aktuellen mit dem früheren Wechselkurs, entsteht für mich durch den stärkeren Euro ein Verlust in Höhe von rund 1710 Euro. Mich dünkt jedoch, ich komme wieder vom eigentlichen Thema ab.
Wir waren an diesem Sonntag gut 7 Stunden unterwegs und es war soweit ganz nett. Cécile wollte nicht mitkommen und den Tag lieber zu Hause verbringen – wie die übrigen Tage des Wochenendes bzw. ihren unterrichtsfreien Freitag auch.
Am Montag hatte ich unterrichtsfrei, da bin ich wieder nach London gefahren, genauer gesagt nach Peckham ins Imperial War Museum. War ganz interessant, es gab einige Panzer, die deutsche V2-Rakete, die Schwesterbombe der Atombombe von Hiroshima, alte (Kriegs-) Flugzeuge und vieles, vieles mehr zu sehen. Ganz oft auch Uniformen und Militärausrüstung, aber das hat mich jetzt nicht so sehr in den Bann gezogen. Allenfalls ein Dokument des Führers, das, von ihm unterzeichnet, den Überfall auf Polen anordnet. Zu sehen ist im Museum die zweite von insgesamt acht Ausfertigungen dieses Dokuments. Manchmal gar nicht so schlecht, wenn man in der Schule Deutsch gelernt hat und das Dokument lesen kann *hihi*.
Ziemlich imposant erschien mir, was sich hinter einer Ecke ganz unscheinbar versteckte: Ein Reichsadler. Laut nebenstehender Infotafel ist es der Reichsadler, den die Russen beim Sturm auf Berlin und dem damit verbunden Hissen der Sowjet-Fahne auf dem Brandenburger Tor, vom Reichskanzleramt demontiert und später den britischen Besatzern übergeben haben. Und ich konnte dieses Relikt längst vergangener Zeiten mitsamt seiner Einschusslöcher aus der Schlacht um Berlin nun bewundern – und anfassen. War irgendwie etwas Besonderes für mich. [d-pa] berichtet ins Führerhauptquartier: Tier wohlauf, wenngleich etwas schwach auf der Brust.
Da ich gerade außer Landes bin und die Server von Blogger sonstwo stehen, kann ich sogar ein Bild einstellen.
Eigentlich wollte ich nach dem Imperial War Museum noch ins Science Museum, aber ich hatte mich völlig in den zeitlosen Räumen verloren und es war schon kurz vor 18 Uhr, da lohnte sich ein Besuch nicht mehr. Also ging es wieder zurück in mein eigenes Hauptquartier, wo ich mich dann auch irgendwann zur sanften Ruhe bettete, denn am nächsten Tag war wieder Schule angesagt.
Schule - das galt auch für Mittwoch. Dieser begann aber damit, dass ein Umschlag auf meinem Tisch im Lehrerzimmer lag. Adressiert an „German Assistant“. Aufgemacht, reingeschaut. Drin war ein Zettel, auf dem der Name „Eva“, eine Telefonnummer und Emailadresse stand. Nun ja, das hat mich ein wenig verwirrt, vor allem da auch die Kollegen nicht wussten, woher der Brief kam – er habe am Morgen im Postfach gelegen. Dank meiner scharfen Kombinationsgabe war der Fall für mich schnell gelöst. Wie gesagt: Für mich. Und Eva.
Am Mittwoch Abend war übrigens auch die Weihnachtsfeier unseres Languages & Classics-Departments. Es ging in ein vegetarisches, indisches Restaurant. Bei solch exotischen Sachen habe ich ja immer so ein wenig meine Bedenken – denn man weiß nie, was man da nun auf dem Teller hat. Es war jetzt nicht so, dass es ungenießbar war – mit dem Zitronenreis hatte ich mich ganz gut angefreundet und auch dem ein oder anderen … Essen. Wie gesagt…wenn man nur wüsste, was es war! Irgendwann hat mir eine Kollegin dann ein Schüsselchen hingehalten und gefragt, ob ich schon die Ladyfingers, die Damenfinger, probiert habe. Ein prüfender Blick in das Behältnis zeigte mir irgendwas längliches grüner Colorierung, mit feinen Härchen dran. Lasst es mich so sagen: Wäre ich nicht so liberal und weltoffen, hätte ich es vorsorglich nicht gegessen. Immerhin konnte ich aber die Lacher des Kollegiums auf mich ziehen, in dem ich sagte, dass die Damen, denen die Finger gehörten, wohl hoffentlich Vegetarierinnen gewesen seien. Leider ließ man die Blicke danach nicht von mir ab (gut, das kenn‘ ich stellenweise), und so gab es kein Entrinnen. Ich habe Damenfinger essen müssen. Sie schmeckten irgendwie eigenartig, allein die Konsistenz war merkwürdig, immerhin verhalfen die feinen Härchen der Speise zu etwas Interessantem, auf dem man aus rein wissenschaftlich-definitorischen Gründen gerne ein wenig rumlutschte (und sich nebenbei fragte, was man bloß im Mund habe). Nun ja, wer es einmal gegessen hat, der muss es nicht unbedingt wieder tun. Eine Google-Suche ergab übrigens, dass es sich dabei wohl um Floh-Knöterich handelte. Davon hab‘ ich noch nicht einmal im Deutschen gehört, aber ist bestimmt gesund. Generationen von Indern können nicht irren. Apropos Inder: Da das ja ein indisches Restaurant war, liefen da eine Menge wuseliger Apus herum, die in wunderbarem indischen Akzent für das Wohl der Gäste im Einsatz waren. Sehr amüsant, sag‘ ich euch!
Amüsant war übrigens auch wieder Cécile, die gezwungenermaßen auch erscheinen musste. Ich wette, sie wäre lieber in ihrem Zimmerchen geblieben. (Die Tür wird da stets geschlossen, sobald sie den Raum betritt oder verlässt. Und die Vorhänge sind zugezogen. Neuerdings sitzt sie ja auch manchmal im Wohnzimmer, weil sie, nach eigener Aussage, das Notebook nicht gerne aufs Bett stellt. Dann sitzt sie im Wohnzimmer, mit der Nase fast am Display und klickt irgendwas rum. Die Vorhänge sind in unserem Wohnzimmer übrigens auch immer zugezogen – könnte ja Licht reinkommen. Habe letzte Woche Freitag, als mir das mal auffiel, die Vorhänge aufgezogen, als ich morgens zur Schule ging. Als ich kam (Cécile war schon zu Hause), waren sie wieder zugezogen. Luschdig. Heute hat sie übrigens schon wieder gewaschen. Madamme wäscht 3x pro Woche. Heute war wieder ihre Jeans dran. Richtig. Eine Jeans. Im 2,5 Stunden-Waschprogramm mit anschließendem Trocknereinsatz.)
Doch zurück zum Essen. Es war wieder das Gleiche wie damals im spanischen Restaurant, Teller vollgeladen und alles schnellstmöglich herunter geschlungen. Jetzt wird der ein oder andere wieder kritisieren wollen, dass ich das kritisiere – aber nein, ich beobachte nur. Bei María war’s auch lustig, ihr war das Essen zu scharf, und sie musste mit Joghurt und Brot notversorgt werden, damit sie uns nicht vom Stuhl kippte *hihi*. Und Marc? Marc, die Sau, hat gesoffen: 3 Bier hatte er sich bestellt. Heineken allerdings, kein Becks. Kein Geschmack, der Junge! Aber ich fand‘s dennoch amüsant, dass er da so alkoholmäßig zugeschlagen hat…mit dem sollte ich mal ins gegenüberliegende Pub gehen, wird sicher lustig.
So, das war der Mittwoch. Am Donnerstag hatte die Schule geschlossen, denn es war Varsity Day, der Tag an dem die Unis Cambridge und Oxford ihre Wettkämpfe im Rudern und Rugby austragen um zu entscheiden, wer nicht nur im Kopf die beste Uni des Empires ist. Adnan findet das hochspannend, aber für mich war es eher von minderem Interesse – weshalb ich lieber vorzog, den Tag abermals in London, genauer gesagt in der Regent- und Oxford-Street zu verbringen und danach ins Science-Museum zu gehen. Das Museum war ziemlich enttäuschend und sehr, sehr langweilig. Der einzige Höhepunkt war das Formel1-Auto, mit dem Mika Häkkinen 1999 mit über 300km/h in die Leitplanke gerast und unverletzt ausgestiegen ist.
Vom Auto durften allerdings keine Bilder gemacht werden – schade. Der gesamte Rest im Museum war aber, wie gesagt, recht enttäuschend. Da hatte ich mir durchaus mehr erhofft.
Morgen geht es wieder in die Schule und, nachdem abermals ICH bei der Telekom angerufen habe (der Rest kümmerte sich mal wieder nicht drum), soll morgen der Techniker von BT kommen, um die Leitung zu legen. Die Mädels haben ja frei, ich hoffe das klappt diesmal. Nächste Woche beginnt dann die letze Woche vor den Ferien – ich hätte gerne irgendwas zum Thema Weihnachten gemacht, aber ohne Internet ist das alles etwas schwierig…keine Lieder, keine Texte, keine Bilder…nicht einmal erstellte Arbeitsblätter kann man sich auf den Emailaccount schicken, um sie dann in der Schule auszudrucken. Von daher muss ich mal schauen, was ich nächste Woche mache, in jedem Fall werde ich meinen Lebkuchenschatz mit den Schülern teilen. Bei einigen Schülern scheine ich übrigens in der Tat beliebt zu sein. Coole Sache. Zwei Schüler haben mit mir gesbudded…eine nette Geste. Verhaltensweisen und Formulierungen. Es gibt fast nichts Schöneres im Leben.
typo in der überschrift ;)
AntwortenLöschensieht marc gut aus?
und wer war Eva nun? Jemand der meint in dir einen Adam gefunden zu haben???
Eva entpuppte sich als Deutsche Assistentin in der Umgebung ;)
AntwortenLöschenUnd...das mit Marc is...geschmackssache :-P
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