[lang] Im Streit um die Zukunft der Universität kam es gestern zu einer überraschenden Wendung. Nachdem die Uni-Leitung das schriftliche Abstimmungsverfahren im Universitätsrat als "übliches Verfahren" dargestellt hatte, teilte sie gestern plötzlich mit, dass die strittige Sitzung vom Dienstag dieser Woche (wir berichteten) wiederholt werden soll. "Um jeglichen juristischen Zweifel auszuschließen, wird das Gremium die Abstimmung über alle Tagesordnungspunkte wiederholen", erklärte Uni-Sprecher Achim Fischer.
Rektor Professor Dr. Hans-Wolfgang Arndt will eine Fakultät für Wirtschaftsinformatik aufbauen und die Geisteswissenschaften enger mit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verzahnen. Die Technische Informatik soll geschlossen werden. Arndt rechnet allerdings nicht mehr damit, seine Vorhaben "zu hundert Prozent umsetzen" zu können.
Der Universitätsrat war bei seiner von heftigen Studierendenprotesten begleiteten Sitzung nicht beschlussfähig, da nur sechs von 13 Mitgliedern bei dem Zusammentreffen in L 7 anwesend waren. In der gestern veröffentlichten Erklärung heißt es nun: "Um die Beschlussfähigkeit herzustellen, hat der die Sitzung leitende stellvertretende Vorsitzende angekündigt, ergänzend zu der Abstimmung der anwesenden Mitglieder schriftliche Stimmabgaben aller nicht anwesenden Mitglieder einzuholen." Diesem Prozedere sei zunächst nicht widersprochen worden - erst zwei Tage später habe ein Mitglied des Rates Einspruch gegen diese Vorgehensweise erhoben.
Hans-Wolfgang Arndt erklärte dem "MM" gestern, es sei zwar rechtlich unklar, ob ein auf diese Weise zustande gekommener Beschluss im Nachhinein für unwirksam erklärt werden könne. Die Schlosshochschule brauche jetzt jedoch eine "Phase der Beruhigung", deswegen solle zunächst eine formal eindeutige Beschlusslage hergestellt werden: "Wir stehen überhaupt erst am Anfang des Diskussionsprozesses."
Die Vorsitzende des Allgemeinen Studentenausschusses, Rike Schweizer, hält es angesichts dieser Vorgänge für fraglich, ob und wie ordnungsgemäße Beschlüsse in dem Gremium überhaupt gefasst werden können. In einer Erklärung kritisieren die Studierenden-Vertreter die "schlechte Informationspolitik" des Rektors. Ein Vorwurf, gegen den sich Arndt zur Wehr setzt: Er habe im Gegenteil "zu einem sehr frühen Zeitpunkt" seine Ziele offen dargelegt".
Einem Erhalt der Technischen Informatik außerhalb der Universität Mannheim, so Arndt weiter, wolle er sich keineswegs verschließen: "Mir wäre eine Anknüpfung der Technischen Informatik an die Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg am liebsten."
Mannheimer Morgen
30. September 2006